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Ausflug nach Konstanz

Ich kenne die ganze Bodenseeregion kaum. Vor vielen Jahren war ich mal in Arbon. Aber Konstanz zum Beispiel, und eben viele andere Städte rings und um den Bodensee sind für mich Neuland. Umso spannender dann auch, sie zu entdecken. Ich muss gestehen, dass ich eine Art Entzugserscheinung habe, was Städtebesuch anbelangt. Mir ist bewusst, dass sich dies ganz schnell auch wieder legen wird. Aber zur Zeit geniesse ich all diese kleinen Besuche und Entdeckungen sehr! 

Wer übrigens mehr zur Statue "Imperia" wissen will, kann weiter unten nachlesen. 

 

Die Imperia-Statue an der Hafeneinfahrt in Konstanz am Bodensee ist nicht nur ein beliebtes Fotomotiv und Wahrzeichen der Stadt Konstanz, sondern wohl auch eines der umstrittensten Kunstwerke im öffentlichen Raum.

 

Eine spärlich bekleidete Frau als Kunstwerk der Öffentlichkeit?

Auf einem Sockel, der aus den Resten eines ehemaligen Molenturms besteht, erhebt sich eine 9 m hohe, 18 Tonnen schwere, aus Beton gegossene Figur einer nur sehr spärlich bekleideten Frau mit einer Narrenkappe auf dem Kopf. Auf ihren ausgebreiteten Armen trägt sie zwei nackte Männerfiguren. In der einen Hand sitzt, mit übereinander geschlagenen Beinen, eine Figur mit Papsttiara, in der anderen Hand, mit gespreizten Beinen, eine Figur mit Kaiserkrone, die einen Reichsapfel in der Hand hält. Die Frauenfigur steht auf einem Rundtisch, der sich in vier Minuten einmal um die eigene Achse dreht.

 

Den Sockel der Imperia bildet die älteste Pegelmessstation, nicht nur am Bodensee, sondern ganz Baden-Württembergs. Sie ging 1816 im damaligen Molenturm in Betrieb und blieb auch nach dem Abriss dieses Turms im Jahre 1890 erhalten. Die von dem Künstler Peter Lenk erschaffene Imperia-Statue wurde am 24. April 1993 auf den Resten dieses Turms errichtet. Peter Lenk ist ein deutscher Bildhauer aus Bodman-Ludwigshafen am Bodensee. Er stellt auf satirische Art von ihm empfundene gesellschaftliche Missstände dar. In Meersburg steht ebenfalls eine Statue von ihm, die "Magische Säule". 

 

Des Kaisers neue Kleider

Die Imperia ist eine satirische Anspielung auf das Konzil von Konstanz (1414- 1418). Das Figürchen mit Kaiserkrone und Reichsapfel stellt die weltliche Macht, die kleine Figur mit der Papsttiara die kirchlichen Autoritäten dar. Als Vorbild für die Imperia selber diente eine Figur aus dem Roman „La belle Impéria“ von Honoré de Balzac. Balzac's Imperia ist eine Kurtisane, die sich zur Zeit des Konzils in Konstanz aufhält und die Geliebte von weltlichen und kirchlichen Würdenträgern ist. Die literarische Figur der Imperia trat schon vor Balzac bei mehreren Schriftstellern, wie Matteo Bandello oder Joachim du Bellay auf und beruht wohl auf einer historischen Person, „Lucrezia de Paris“, einer berühmten Kurtisane. Sie war eine sehr gebildete Italienerin, die in die Literatur und Geschichtsschreibung einging.

Allerdings lebte sie rund 100 Jahre nach dem Konzil. Das blühende Kurtisanenwesen während des Konzils von Konstanz ist jedoch eine historische Tatsache, die von dem Konzilchronisten Ullrich Richental festgehalten wurde. Neben der Mätressenherrschaft wird auch das Patriarchat auf die Schippe genommen: Die mächtigsten Männer ihrer Zeit werden als zwergenhafte Figuren von der Frau in der Hand gehalten. Von ihren Trieben gesteuert in diese Situation gebracht, sind sie ihr nackt und hilflos ausgeliefert. Ebenso kann man in dem Kunstwerk eine Anspielung auf das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ sehen. Die Imperia mit ihrer Narrenkappe ist der Hofnarr, der das Treiben durchschaut. Die Mächtigen sind ihrer Kleider beraubte, lächerliche Witzfiguren.